Exhibition ZOO-Nature

ZOO-Cabinet

Within the exhibition ZOO-Nature at art gallery dieschönestadt Werkleitz is going to present animalistic objects and natural treasures from private collections. These objects may be remains from the last holiday at the sea, a hobby biologist's insect-collection or all your toy-dinosaurs from childhood times. The best pieces will be on display in the ZOO-Kabinett / ZOO-Cabinet from 11th October until 3rd November.

Frauke Rahr, Trophäensammlung

Trophäensammlung (2010-2011)

Frauke Rahr
geb. 1987 in Cottbus, Studentin der Medienkunst an der Burg Giebichenstein. Lebt und arbeitet in Halle.

Installation, verschiedene Materialien.

In Anlehnung an Baron Maximilian Bernhard Graf von Arco-Zinnenberg (1811-1885), genannt der „Adlergraf“, seines Zeichens begeisterter Jägersmann und Sammler von allem was sich mit der Jagd assoziieren ließ, schlüpft die Künstlerin mit Ihrer Arbeit Trophäensammlung in die Rolle der Involvierten mit Insider-Perspektive. Die Auseinandersetzung mit der unerklärlichen Faszination am Objekt „Jagdtrophäe“ war Ausgangspunkt für das Anlegen einer eigenen Sammlung. Um jedoch nicht in die Falle des einfallslosen Anhäufens von Dingen zu tappen, entschloss sich die Künstlerin dazu, nur Objekte in die fortgeführte Arbeit aufzunehmen, die keine wirklichen Jagdtrophäen waren. An Stelle dessen: Äste, Metallbügel, Glühbirnendrähte, Insekten – eine auf den ersten Blick überfrachtende Mixtur aus edlen, unedlen, festen und ephemeren Stoffen. Die zumeist sehr kleinteiligen Fundstücke sind lediglich Nachempfindungen der Form des Geweihs und der Trophäe. Die so entstandene hierarchiefreie Materialsammlung ohne eingangs ersichtliche Sortierung lässt erst auf den zweiten Blick eine museale Ordnung erkennen, die durch die Betrachtenden selbst erschlossen wird. 
Die Arbeit Trophäensammlung von Frauke Rahr ergänzt als künstlerische Autorenarbeit das ZOO-Kabinett und wird im hinteren Galerieraum zu sehen sein.  

Juli Sing, RESERVAT

RESERVAT (2010)

Juli Sing
geb. 1980. 2010 Diplom in den Fächern Fotografie und Medienkunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Lebt und arbeitet in Nürnberg.

5 Pigment Prints; 40 x 50 cm; gerahmt

RESERVAT ist Teil des Werkkomplexes »KATASTER«. Die Fotoserie beschäftigt sich mit dem Rückzug des Menschen aus der Natur. Die Fotografien wurden im ›Naturpark Bayrischer Wald‹ aufgenommen, dem größten und ältesten Naturwaldreservat Deutschlands. Das Interesse der Künstlerin galt hier vor allem der Frage, inwieweit sich bereits bestehende Bilder der Natur auf die Gestaltung solcher Gebiete auswirken, wie sie dem Betrachter, der die Natur meist als erholungssuchender Tourist besucht, vermittelt werden. 
Im Gegensatz zu forstwirtschaftlich genutzten Gebieten, wird der Wald ›sich selbst überlassen‹. Er darf und soll so seine eigene ursprüngliche Form hervorbringen. Wildnis wird hier in einem »Akt der Kulturation«* re-kreiert.
Die generelle Abwesenheit von ursprünglicher Natur in unserer modernen Erfahrungswelt wirft , an einem solchen Ort, deshalb auch die Frage nach dem eigentlichen Aussehen der neu zu schaffenden Wildnis auf. Kann man sie wirklich sich selbst überlassen, oder soll sie so gestaltet werden, wie sie an diesem Ort vor einiger Zeit einmal ausgesehen hat? Sollen ursprünglich angesiedelte Arten wieder eingeführt werden, oder soll sie vielmehr von einer globalisierten Natur geprägt sein, die aus anderen Erdteilen immigrierte Pflanzen und Tiere beherbergt? Und vor allem: kann, so wie es der Steg auf jedem der Fotos suggeriert, eine räumliche und visuelle Trennung von Mensch und Natur überhaupt dauerhaft aufrecht erhalten werden?

(* Brigitte Franzen; Die vierte Natur: Gärten in der zeitgenössischen Kunst; Verlag der Buchhandlung Walther König; Köln; 2000; hierbei S.10)

Lars Bergmann, Baumscheibe (© werkleitz)

Baumscheibe (2010)

Lars Bergmann
geb. 1978 in Jena. 2008 Diplom freie Bildhauerei/Plastik an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein Halle/Saale. Lebt und arbeitet in Leipzig.

MDF, Lack, 180 x 180 x 2 cm

Die op-artige Flachware mit Reliefstruktur erweist sich, unter Einbeziehung des Titels (schlicht Baumscheibe), als ein post-minimales Artefakt. Nicht referenzlos, sondern einen Gott der kleinen Dinge rühmend, ist dieses Objekt ein Produkt der Zähmung von Natur im städtischen Kontext und nimmt Bezug auf unser Umfeld – ob Stadtgefüge, Architektur oder Innenraum – das sich übervoll mit funktionalen Design-Klassikern und anthropozentrischer Machtdemonstration präsentiert. Baumscheibe passt sich formschöner jeder Wand eines White Cube an, ohne seine Herkunft vergessen zu lassen.

(J. Kurz auf www.lars-bergmann.de)

Sebastian Schröder, VISUM BESTIARUM

VISUM BESTIARUM (2011)

Sebastian Schröder
geb. in Leipzig, 2011 Diplom in den Fächern Medienkunst und künstlerische Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Lebt und arbeitet in Leipzig.

Fotografie / C-Prints, Installation

Das Bild vom Tier ohne Bilder von Tieren. John Bergers These vom „Verschwinden der Tiere aus unserer Gesellschaft“ verbildlicht sich: Durch Kunstfiguren oder leere Diorama-Landschaften wird die menschliche Imagination vom wilden Tier als Konstruktion offenbar. Mit fotografischen Mitteln bezieht der Künstler Sebastian Schröder eine ganz eigene, subjektive Position im Spannungsfeld der Beziehung zwischen Mensch und Tier.
Die Foto-Installation VISUM BESTIARUM ist ein Tableau aus gerahmten Fotografien, das Ansichten und Ausschnitte verschiedener Dioramen aus deutschen Naturkundemuseen zeigt. Für die Aufnahmen der Bilder wurden die in den Schaukästen installierten Tierpräparate aus den Dioramen entfernt. Übrig blieb eine künstliche Landschaft, eine imaginäre Ideal-Natur, ein virtueller Raum, der zwar für ein Tier entworfen wurde, aber nur uns Menschen dient. Hier verschmelzen romantische Naturvorstellungen des 19. Jahrhunderts sowie Sehnsüchte nach Wildnis und Exotik mit naiver aber auch illusionistisch perfekter Naturrekonstruktion und symbolischer Collage.

Anna Maria Gawronski, Fox 7D

FOX 7D (Bild 6, 2010)

Anna Maria Gawronski
geb. 1982 in Radziejów, Polen. 2010 Diplom im Fachbereich Textile Künste an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Lebt und arbeitet in Halle / Saale

Jacquardweberei, ca. 72 x 160 cm

Das Bild 6 aus der Reihe FOX 7D zeigt in Manier heimatkundlicher Abbildungen einen Fuchs am Waldrand. Die Jacquardweberei erhält durch das Aufsetzen einer 3D-Brille bei der Betrachtung eine räumliche Tiefe. Das hierfür verwendete Anaglyphenverfahren, die Erzeugung von räumlichen Bildszenen durch die Unterlegung der Bildumrisse durch versetzt angeordnete Komplementärkontraste, ist hierbei in doppelter Hinsicht als Verweise auf das Nostalgische und Illusionäre zu verstehen. Das Anaglyphenverfahren war eins der ersten Verfahren zur Erzeugung dreidimensionaler Raumillusion und hatte seine Hochphase in den 50-70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Die Übertragung dieses Verfahrens auf die Jacquard Musterwebmaschine, Symbol für die industrielle Revolution, ist eine intelligente Korrespondenz zwischen „industrialisiertem“ und „digitalisiertem“ Bild. Dieses mehrfache Spiel mit dem trügerischen Bild und seiner nicht eindeutig perzipierbaren Oberfläche wird dadurch noch weiter verschärft, dass die in der Fotovorlage erfasste, äußerst wachsam wirkende Tiergestalt in Wirklichkeit ein ausgestopftes Fuchs-Exponat war. 

Phillip Janta, Schrebergarten

Schrebergarten (2010)

Phillip Janta
geb. 1980 in Erfurt. 2007 Diplom in den Fächern Typografie und Illustration an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Lebt und arbeitet in Leipzig.

4 Drucke, Originalgröße 40x60 cm monochrom.

Der Laubenpiper zieht gedankenverloren an seiner Zigarette und geht einer unbestimmt kontemplativen Beschäftigung nach. Dass draußen, jenseits der Laube, das Krokodil bereits über die Plastikflamingos herfällt scheint er nicht bemerken zu wollen. Im nächsten Bild dann sogar ein Tyrannosaurus Rex, der so beiläufig im Schatten eines stillgelegten Wohnwagens auftaucht und sich auf großem Fuß aber mit leisen Sohlen ins monochromatische Bildgefüge versetzt, dass man mit der Schulter zucken möchte. Es scheint sich auch niemand daran zu stören, dass am Sommernachthimmel ein entschwebendes Ufo, in der dritten aus vier Motiven bestehenden Arbeit, die Tapisserie verlässt, die sich erst bei näherer Betrachtung als vermeintlicher Tatort einer gerade stattgefundenen Gewalttat entpuppt. Auf den ersten Blick sieht das alles nämlich so herrlich normal aus und nichts scheint diese trügerische Ruhe, an dem alles seinen zugewiesenen Platz hat, stören zu können. Gerade diese totale Idylle, im Hort spießbürgerlichster Kultiviertheit ist es, die dem Schwarzhumorigen und Abseitigen seine höchste Daseinsberechtigung zu verleihen scheint. Man benötigt einen Moment um zu realisieren nämlich dass in den hier gezeigten Arbeiten des Illustrators Philip Janta zum Glück etwas offenkundig ganz und gar nicht stimmt. Hervorgekehrt wird dies spielerisch und mit einem stets zwinkernden Auge. Die Drucke unter dem Begriff Schrebergarten zusammengefasst, entstanden für das lettische Comicmagazin Kush! welches im letzten Jahr gemeinsam mit der Galerie für zeitgenössische Kunst Leipzig eine Sonderausgabe zum selben Thema herausbrachte. 

Kurt Helm, Waiting for Extinction

Waiting for Extinction (1997)

Kurt Helm
geb. 1968 in Husum/ Strand. Studium der Malerei an der Akademie der Künste Hamburg. Siedelte 1997 nach Sachsen. Gest. 2037 in Leipzig.

Eine große Menge Figuren aus Plastik auf Kohlenstaub in Vitrine, 97x164x47 cm

„Überzeugend ist, was möglich ist. Unmöglich ist, was überzeugt.“ (Kurt Helm)
Den unermüdlichen Ambitionen des Kunstdetektivs Ramon Haze ist es zu verdanken, dass wir im Rahmen der Ausstellung ZOO Natur die Installation Waiting for Extinction des Künstlers Kurt Helm präsentieren können. Helm, seit 1997 in Sachsen ansässig, schuf bis zu seinem Tod im Jahr 2037 eine unüberschaubare Anzahl an Figurengruppen, die er zu Lebzeiten ausschließlich in seinem Atelier in einer Leipziger Fabrik arrangierte. Von Helm als „politische Sinnbilder“* verstanden, sind heute nur noch wenige der Installationen überliefert. Als Helm Mitte der 21. Jahrhunderts entschied, seine in über 40 Jahren entstandene Sammlung aufzulösen und in möglichst vielen Einzellosen auf einer Auktion zu verkaufen, ging der maßgebliche Anteil der Helmschen Oevres an Fantasiewesen und ausgestorbenen Tieren verloren. Der Kunstdetektiv Ramon Haze arbeitet seither an einer Rekonstruktion des Helmschen Werks und konnte so bereits die Installationen „Unruhe“, Demokratische Spirale“, „Verführer und Verführte“, Hypnotisiserung der Massen durch den technokratischen Affen“ u.w. wieder herstellen.
Die hier gezeigte Figurengruppe Waiting for Extinction gilt als eine der ersten Tierguppen Helms aus dem Jahre 1997. Erst kürzlich wurde die Arbeit von Haze und seinen Mitarbeitern rekonstruiert und somit erstmals seit 1997 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Holmer Feldmann, enger Vertrauter und Mitarbeiter Hazes ist für „ZOO Natur“ mit der adäquaten Präsentation der Gruppe beauftragt worden. Ihm obliegt die dem Original gemäße Rekonstruktion, welche den Räumlichkeiten in formaler Hinsicht angepasst werden musste. Für die aktuelle Ausstellung wurde auf die Präsentationsform der Vitrine zurückgegriffen, die es den Besucherinnen und Besuchern ermöglicht den Helmschen Figuren besonders nahe zu kommen und ihre feinsinnige Mimik zu entdecken. Der Helm-Kenner Haze beschreibt als markantestes Kennzeichen deren „(...) ambivalente(n) Gesichtsausdruck, der zwischen Mitleid heischender Apathie und demonstrativer Freundlichkeit schwankt“**. Bis heute gelten Kurt Helms Figurengruppen, die er unter dem Obertitel „Der große Staatszirkus“ fasste, als wegweisend für eine politisch ambitionierten Kunst im 21. Jahrhundert.

(*Neustadt/Niedersachsenplatz, Kultur/Block e.V. (Hrsg.), Halle (Saale) 2004, S. 109
**The Art Collection THE CABINET of Ramon Haze, Kunstverein Leipzig (Hrsg.), Spector Leipzig.)

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