Bernhard & Michael Grzimek „Tiere ohne Feind und Furcht“

Creature Comfort

Zoologische Gärten gehören weltweit zu den beliebtesten Freizeitstätten. Hervorgegangen aus den königlichen Menagerien und während der Französischen Revolution im Pariser Jardin des Plantes, dem Urbild aller Zoos, in eine Volksbildungsstätte verwandelt, blieben sie immer auch Präsentationsorte der Macht. Wenn eine Wochenschau aus dem Jahr 1910 Kaiser Wilhelm im Tierpark Hagenbeck zeigt, wie er Paviane füttert, erzählt sie davon. Der Wille zur Aneignung und Beherrschung der Natur führte das Wilde, Exotische in den Zoos der Metropolen der Kolonialmächte hinter Gittern vor. Die so näher gekommenen wilden Tiere schärften aber auch den Blick für deren Bedürfnisse. Zoos brachten dadurch von Anfang an die Kritik am Zoo mit hervor. Creature Comforts, ein oscarprämierter Animationsfilm von Nick Park, kann dafür als Paradebeispiel gelten. Park lässt in Interviews Tiere aus einem englischen Zoo – einen Löwen, einen Gorilla und eine Schildkröte zum Beispiel – ihre Situation schildern. Es geht in den Antworten der Tiere immer um einen Vergleich zwischen dem Leben im Zoo und im Freien. Manches ist besser im Zoo als draußen, anderes schlechter, wie das Wetter in England zum Beispiel. Der Kernpunkt aber ist der Platz. „We need space“, sagt der Löwe nicht nur einmal sehr eindringlich. Daran wird kein Zoo je etwas ändern können, denn Zoos werden nie den Platz haben, der es ihnen ermöglicht, Tiere mit riesigen Territorien, wie sie Eisbären im Freien nutzen, „artgerecht“ zu halten. Anders sieht das mit dem sozialen Raum aus. Wenn für viele in Gruppen lebende Tiere, wie Pinguine oder die meisten Affenarten, das Soziale wichtiger ist als der große oder kleine Käfig, das heißt, dass die Tiere, die zusammenleben, zueinander passen bzw. die Möglichkeit hatten, sich ihre Partner selbst auszusuchen, dann sind angemessene Haltungsformen auch im Zoo möglich. Die Fortschritte der Verhaltensforschung haben es durch die sozial den Tieren angemessene Haltung in vielen Fällen ermöglicht, regelrechte Zoopopulationen „aufzubauen“, die in seltenen Fällen die freilebenden Populationen an Zahl übertreffen. 
Der Zoo ist so längst zu einem „eigenen“ Biotop geworden, das sich aus sich selbst heraus entwickelt. Filme wie Tiere ohne Feind und Furcht von Bernhard & Michael Grzimek und Das Paradies der Tiere von Rita Arendt zeigen es und tragen im Programm die Zeichen dieser Welt bereits im Titel. Zoos sind gerade über die Auseinandersetzung mit den Haltungsbedingungen im Freiland immer seltener werdender Tiere zu Zentren der Forschung um die Erhaltung bedrohter Arten geworden. Wobei solche Forschungen natürlich nutzlos sind oder zum reinen Selbstzweck werden, wenn sie nicht nach „außen“, in den aktiven Naturschutz und damit auch an das Zoopublikum vermittelt werden. Ein Punkt, mit dem sich Zoos immer noch schwer tun. Die wenigen Forschungen, die es zum Verhalten der menschlichen Zoobesucher gibt, sind ernüchternd. Der durchschnittliche Aufenthalt eines Zoobesuchers vor einem bestimmten Tier liegt zwischen ein bis zwei Minuten, und von den oft sehr gut informierenden Texttafeln lesen über neunzig Prozent der Besucher kaum den ersten Satz zu Ende. Die Künstlergruppe Neozoon Collective hat dazu mit ihrer Aktion Das Manteltier, in der sie mechanisch bewegte Pelzmäntel in einem Käfig im Münsteraner Zoo ausstellte, beeindruckendes filmisches Material gesammelt. Der immanente Widerspruch des Zoos bleibt sein Spagat zwischen dem Spektakel, das der Zoo für den zahlenden Besucher ist und das er von Anfang an bedient, und seiner Arbeit an und mit den Tieren. Allerdings muss das Spektakel der Besucher für die Tiere nicht unbedingt schlecht sein. Joanna Rytels Monkey Performance, bei der die Künstlerin vor einer Affengruppe hinter Glas strippt, wird von den Tieren eher als willkommene Abwechslung wahrgenommen, denn als Belästigung.

From Old Newsreels – Emperor Wilhelm at Hagenbeck Zoo

Wochenschau, DE 1910, 2 min (Ausschnitt); Archiv Bundesarchiv-Filmarchiv

His Majesty at the Hamburg Zoo. He is shown tigers being trained, looks at the deer, feeds the baboons himself and speaks with the director.

Feeding Boa Constrictors

anonymous, DE 1911, 3 min [Piano]; Archiv EYE Film Instituut Nederland

Three huge pythons in a cage with the food provided for them, white rabbits.

Australian Dasyurides (Dasyuridae) – The Tasmanian Tiger (Thylacinus cynocephalus)

Heinz F. Moeller, DE 1978 (1930), 3 min (Ausschnitt); Archiv Bundesarchiv-Filmarchiv

The last of its kind. An Australian Tasmanian Tiger is filmed in its cage. This is the first film footage of a species that is becoming extinct.

Animals without Foe and Fear

Bernhard & Michael Grzimek, DE 1953, 11 min

A defence of the zoo against its critics. “Do you think these penguins are unhappy?”

Das Paradies der Tiere

Rita Arendt, DDR 1965, 17 min; Progress Film-Verleih

One of many documentaries about Friedrichsfelde Zoo in Berlin. Supposedly the titel takes deliberate reference to the “workers’ paradise” in Eastern Germany by phrasing: “Each time the zoo comes a bit closer to perfection.”

Wildschweingeschichten – Emil im Zoo

Heinz Meynhardt, DDR 1981, 14 min; Aus dem Deutschen Rundfunkarchiv. Mit freundlicher Genehmigung von Margot Meynhardt.

By his pioneering observations of wild boar Heinz Meynhardt, a hobby biologist, has not only turned into a luminary of GDR biology but also into a well-known figure in public TV. In the 10-episodes-serial Wildschweingeschichten / Boar Story he tells about his experiences with a horde of wild boar.  This episode shows how tusker Emil from Meynhardt’s horde has been captured and put into the zoo and there founds a new horde with wild sow Emma.

Creature Comforts

Nick Park, UK 1989, 5 min

Nick Park’s first Oscar winning film. A series of interviews with the animals in an English zoo. Used to open spaces and sunnier climes, they comment on accommodation, diet and of course - the English weather.

Monkey Performance

Joanna Rytel, SE 2002, 3 min

My work can be divided in three main characters. One is my interest in the relation between animals and humans. I have made performances for animals and filmed their reactions. In Animal Performance I play music, dance and strip for monkeys, cows, goats and horses. (Joanna Rytel)

The Non-Toed Fur-Coatie

Neozoon Collective, DE 2010, 3 min

In spring 2010 the artists’ group NEOZOON installed mechanically moving fur coats in a cage at the Münster Zoo, disrupting the seeing habits of the visitors. The film allows viewers to look into the coat-animals’ enclosure and at the same time documents the reactions of the zoo visitors in front of the cage.
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